Direkteinstieg als Führungskraft bei der Polizei NRW – Justus und Jennifer berichten

Was machen Sie beruflich?

Jennifer: Ich bin Leiterin der Führungsstelle der Direktion Kriminalitätsbekämpfung und -prävention im Polizeipräsidium Wuppertal.

Justus: Ich bin Polizeivollzugsbeamter bei der Polizei NRW und leite eine Inspektion bei der Kriminalpolizei in Aachen.

Was haben Sie vorher gemacht?

Jennifer: Ich war zuvor angestellte Juristin bei einer Rechtsschutzversicherung. Vor dieser Tätigkeit war ich Rechtsanwältin im Bereich Arbeitsrecht.

Justus: Unmittelbar vor meiner aktuellen Funktion habe ich die Einführungsphase im Rahmen des Direkteinstiegs in die Laufbahngruppe 2.2 der Polizei NRW durchlaufen. Hier war ich hauptsächlich bei der Polizei Köln. Vor meinem Einstieg bei der Polizei NRW habe ich als Syndikusrechtsanwalt gearbeitet.

Als VolljuristIn stehen Ihnen beruflich viele Türen offen. Wie kam es dazu, dass Sie nun für die Polizei NRW tätig sind – Was hat Sie dazu bewegt?

Jennifer: Bereits im Studium hat mich das Polizeirecht bzw. Gefahrenabwehrrecht sehr interessiert. Es war meines Erachtens stets plastisch und man konnte sich gut in die Sachverhalte und damit in eine gute rechtliche Lösung hineindenken. Dieses Interesse hat mich dazu bewogen, mein Verwaltungspraktikum bei der Polizei NRW zu absolvieren. Das hat mir sowohl thematisch als auch im Hinblick auf das kollegiale Arbeitsumfeld sehr gut gefallen, sodass ich meine Verwaltungs- und Wahlstation im Rahmen des Referendariats erneut in einer Kreispolizeibehörde sowie in der Abteilung 4 des Innenministeriums des Landes NRW absolviert habe.
Nach Abschluss des zweiten juristischen Staatsexamens habe ich zunächst in der freien Wirtschaft gearbeitet. Währenddessen habe ich jedoch schnell gemerkt, dass ich gerne einer sinnstiftenden Arbeit nachgehen möchte und mich außerdem die Themen der Inneren Sicherheit bzw. der Gefahrenabwehr sowie der Kriminalität sehr interessieren. In Kombination mit der bereits kennengelernten Arbeitsatmosphäre innerhalb der Polizei wuchs in mir der Entschluss, sich bei der Polizei NRW zu bewerben.

Justus: Als Praktikant während des Studiums – und insbesondere als Referendar bei der Staatsanwaltschaft – hatte ich viele Berührungspunkte mit verschiedenen Polizeibehörden. Dieser – wenn auch noch sehr kurze und relativ oberflächliche – Einblick war aber so spannend und faszinierend, dass ich die Polizei NRW seitdem als Arbeitgeber auf dem Schirm hatte. Insbesondere merkt man durch solche Einblicke, wie facettenreich die Polizei ist. Das gilt sowohl für die verschiedenen Tätigkeiten innerhalb der Polizei, als auch für die Kolleginnen und Kollegen selbst.Unmittelbar nach dem Examen kannte ich allerdings nur den Einstieg als Verwaltungsjurist bei der Polizei NRW. Das ist mit Sicherheit auch eine tolle Tätigkeit, reizte mich allerdings nicht so sehr, dass ich diesen Weg einschlug. Als ich dann – etwas verspätet – erfahren habe, dass man als Volljurist auch die Möglichkeit hat, Polizeivollzugsbeamter zu werden, habe ich mich sofort beworben.   Entsprechend groß war die Freude, als ich diesen Karriereweg dann einschlagen durfte.

Wer an den Polizeiberuf denkt, assoziiert damit oft Tätigkeiten, die man selbst aus dem Alltag oder aus TV und Film kennt – also, beispielsweise Dienst im Streifenwagen oder Ermittlungsarbeit für die Kriminalpolizei. Was genau ist Ihre Aufgabe bei der Polizei NRW im Höheren Dienst?

Jennifer: Im Wesentlichen trage ich die Verantwortung für eine gut funktionierende Führungsstelle. Die Führungsstelle der Direktion für Kriminalitätsbekämpfung und -prävention befasst sich in ihrer täglichen Arbeit mit der Bewertung und Steuerung von Vorgängen, das Berichtswesen und die Erlassadministration, die Auswertung, Darstellung und Bilanzierung der Kriminalitätslage sowie mit Controlling, die Organisation und Koordinierung des Fortbildungs- und Seminarwesens, die Bearbeitung von Kriminalitäts- und Einsatzangelegenheiten, die Aufgabenkoordinierung und fachliche Schwerpunktsetzung der Direktion Kriminalität.

Meine Aufgabe im konkreten betrifft die Personalführung in dieser Organisationseinheit. Ich bin verantwortlich dafür, dass alle Aufgabenprozesse sowie der Informationsfluss reibungslos funktionieren, alle Aufträge erfüllt werden und damit die Direktionsleitung unterstützt wird.

Justus: Als Polizeibeamter hat man oft auch mit polizeilichen Themen zu tun, die man sonst nur aus Film und Fernsehen kennt. Als Beamter des Höheren Dienstes hingegen befasst man sich allerdings eher mit der strategischen Ausrichtung in Ermittlungen oder Einsatzlagen als z.B. mit der klassischen Ermittlungsarbeit selbst.

Neben polizeifachlichen Themen bestimmen aber auch Personalangelegenheiten meinen Arbeitsalltag als Führungskraft. Insofern ist der Beruf nur bedingt mit dem klassischen Bild eines Polizeibeamten in der Öffentlichkeit vergleichbar.

Was bedeutet es Ihnen persönlich solch eine Führungsverantwortung bei der Polizei NRW zu tragen?

Jennifer: Für mich persönlich gesprochen bedeutet Führungsverantwortung eine mehrdimensionale Verantwortung: Die Verantwortung für sich selber, gegenüber der Behörde und gegenüber den einzelnen Mitarbeitenden.

Damit gehört es für mich zur täglichen Arbeit zu reflektieren: Wie bringe ich mich ein, um für die Mitarbeiter ein positives Arbeitsumfeld zu schaffen, um so wiederum für eine effektive und zugleich effiziente polizeiliche Arbeit zu fördern.

Justus: Diese Führungsverantwortung trage ich mit großer Freude und Respekt vor dem Amt. Als Vorgesetzter darf ich jeden Tag mit motivierten Polizistinnen, Polizisten und Regierungsbeschäftigten zusammenzuarbeiten. Das ist eigentlich immer spannend, manchmal natürlich auch herausfordernd.

Führungspositionen bringen bekanntermaßen auch entsprechende Herausforderungen mit sich. Was fordert Sie dabei am meisten?

Jennifer: Mich fordern der Kommunikations- und Koordinationsaufwand im täglichen Arbeitsalltag. Die Fluktuation und die Quantität der Informationen sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Hierbei den Überblick zu behalten, dass alle Informationen richtig bewertet werden und an die richtigen Adressierten gesteuert werden, erachte ich als anspruchsvoll.

Ebenso fordernd ist es Sachverhalte auf- und vorzubereiten bzw. zu bewerten, in denen es um die tägliche polizeiliche Praxis geht und man selber über eine derartige praktische Erfahrung in diesem Bereich nicht verfügt. Hier gilt es Informationen aufzubereiten, sich beraten zu lassen, abzuwägen, um auf die Art und Weise gute Entscheidungen zu treffen.

Justus: Meines Erachtens nach liegt die größte Herausforderung in der Kombination aus inhaltlicher Polizeiarbeit und der verantwortungsvollen Wahrnehmung der Führungsverantwortung. Als Polizeibeamter des Höheren Dienstes leitet man im Alltagsgeschäft eine oder mehrere Dienststellen und kann gleichzeitig in der fachlichen Verantwortung stehen, einen großen Polizeieinsatz oder eine herausragende Ermittlungslage zu führen. Diese Kombination gibt es nur bei der Polizei und macht die Führungspositionen so interessant.

Um diese Herausforderungen meistern zu können bietet das Land den Direkteinsteigerinnen und Direkteinsteigern eine lange und gut organisierte Einführungsphase, in der man langsam an diese Herausforderungen herangeführt wird. So bekommt man in der Regel das passende Werkzeug für jede Herausforderung an die Hand. Außerdem arbeitet man bei der Polizei immer kollegial mit hervorragend ausgebildeten Führungskräften zusammen.

Sie haben vorher im Grunde etwas völlig anderes gemacht und sich dann doch für eine Führungsposition bei der Polizei NRW entschieden. Warum? Für was steht die Polizei Ihrer Ansicht nach?

Jennifer: Polizei bedeutet für mich eine spannende, aber auch zugleich sinnstiftende und verantwortungsvolle Arbeit. Ich erbringe keine Dienstleistung in der freien Wirtschaft, sondern darf jeden Tag meinen Beitrag dazu leisten, Kriminalität – wenn auch indirekt – zu bekämpfen. Mit meinem Team zusammen auf der Führungsstelle unterstützen wir die operativ tätigen Kolleginnen und Kollegen. Meine Arbeit ist damit geprägt von Teamwork, Kollegialität und gegenseitiger Motivation.  Das alles zusammen macht die Polizeiarbeit für mich zu etwas Besonderem.

Justus: Die Entscheidung für die Polizei NRW war aus zwei Gesichtspunkten sehr bewusst gefällt: Der Schritt hin zum Polizeivollzugsbeamten und der Schritt hin zur Führungsfunktion. Mit beiden Eigenschaften gehen ganz besondere Verantwortungen, Rechte und Pflichten einher. Als Beamter des höheren Dienstes hat man die einmalige Gelegenheit, diese beiden Themen in einer Funktion zu vereinen.

Die Polizei NRW steht für mich vor allem für professionelles und bürgernahes Arbeiten. Die Kolleginnen und Kollegen erlebe ich tagtäglich sehr motiviert im Einsatz für die Bürgerinnen und Bürger.

Nun sind Sie aktuell im Bereich der Kriminalpolizei tätig. Gibt es einen anderen Bereich der Polizei NRW, der Sie besonders reizt?

Jennifer: Meine Erfahrungen aus meiner zweieinhalbjährigen Einführungsphase haben mir gezeigt, dass viele Bereiche innerhalb der Polizei spannend sind. Mich persönlich interessieren insbesondere geschlossene Einheiten aufgrund ihres hohen taktischen Könnens in schwierigen und meist größeren Einsatzlagen.

Justus: Vor meiner Zeit bei der Kriminalpolizei war ich vorrangig schutzpolizeilich eingesetzt. Die Aufgaben dort haben mir auch sehr großen Spaß gemacht. Letztendlich gibt es aber ganz viele spannende Bereiche bei der Polizei NRW. Eine Gemeinsamkeit von allen Funktionen ist aber, dass man immer eng im Team zusammenarbeitet. 

Würden Sie rückblickend irgendwas anders machen – vermissen sie etwa ab und zu einen Job im Bereich der „klassischen“ Juristerei?

Jennifer: Ich bin froh darüber, dass ich einige Erfahrungen in der freien Wirtschaft sammeln durfte. Eine Tätigkeit in der klassischen Juristerei käme für mich nicht mehr in Frage.

Justus: In meinem alten Beruf habe ich auch mit vielen tollen Kolleginnen und Kollegen zusammenarbeiten dürfen. Außerdem war mein alter Job sehr lehrreich im Hinblick auf Personalführung. Insofern denke ich auch immer gerne an diese Zeit zurück und würde alles noch einmal genau so machen. Mit Blick auf die Tätigkeit selbst gibt es für mich keinen spannenderen und schöneren Beruf als den jetzigen. Die klassische Juristerei vermisse ich nicht.

Was würden Sie Interessierten sagen, die noch mit sich hadern und sich nicht sicher sind, ob der Weg zur Polizei NRW als VolljuristIn, das Richtige sein könnte?

Jennifer: Ich würde Interessierten die Information geben, dass man im Rahmen einer Tätigkeit im Höheren Dienst bei der Polizei NRW keine klassische juristische Tätigkeit erwarten darf. Das Prüfen umfangreicher juristischer Fragestellungen oder das Anfertigen von Gutachten gehören nicht mehr zum beruflichen Arbeitsalltag. Selbstverständlich hilft das juristische Handwerkszeug, sofern es um die Einordnung von Einsatzlagen respektive begangener Straftaten oder, wenn es beispielsweise um die Arbeitsweise oder Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft geht.

Im Wesentlichen ist man jedoch Führungskraft und hat Personalverantwortung. Man sollte demnach gerne im Team arbeiten und Freude an Kommunikation, strukturiertem sowie konzeptionellem Arbeiten haben. Auch bedarf es eines hohen Maßes an Empathie und Selbstreflektion.

Justus: Ich kann nur dazu raten den Schritt bewusst du gehen: Jede Bewerberin und jeder Bewerber sollte sich im Vorfeld gut informieren und sich selbst fragen, ob der Schritt hin zur Führungskraft und hin zur Polizei der Richtige ist. Wenn man für polizeiliche Themen brennt und bereit ist, Führungsverantwortung für Mitarbeitende und bedeutende Einsätze zu tragen, gibt es keinen besseren Weg, den man einschlagen kann.